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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 08.08.2005
Aktenzeichen: 1 Bs 200/05
Rechtsgebiete: PBefG, PBZugV
Vorschriften:
PBefG § 13 Abs. 2 | |
PBefG § 54 a | |
PBZugV § 2 |
1 Bs 200/05
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld und E.-O. Schulz sowie die Richterin Huusmann am 8. August 2005 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 5. Juli 2005 aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das gesamte Verfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt eine einstweilige Anordnung, um 7 Krankentransportwagen weiterhin als Mietwagen einsetzen zu können. Die Antragsgegnerin hatte ihren Antrag, ihre Mietwagengenehmigung für die Dauer von 4 Jahren zu verlängern, mit der Begründung abgelehnt, die von der Antragstellerin vorgelegte Eigenkapitalbescheinigung belege ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht ausreichend. Die Antragstellerin weigert sich, weitere Unterlagen zu ihrer Leistungsfähigkeit vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat die Antragsgegnerin verpflichtet, die beantragte Genehmigung zur Ausübung des Verkehrs mit Mietwagen zu erteilen. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde.
II.
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg hat aus von der Antragsgegnerin dargelegten Gründen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) keinen Bestand. Die begehrte einstweilige Anordnung (§ 123 VwGO) kann nicht ergehen. Es ist nicht mit der für den Erlass der einstweiligen Anordnung erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Antragstellerin die begehrte Genehmigung nach den §§ 13; 49 PBefG zusteht, ihre 7 Krankentransportwagen als Mietwagen zu betreiben. Solange die Antragstellerin ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht ausreichend nachgewiesen hat, kann sie die Genehmigung nicht beanspruchen.
1. Gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 PBefG darf die Antragsgegnerin die Genehmigung für den Verkehr mit Mietwagen nur erteilen, wenn u.a. die Leistungsfähigkeit des Betriebs gewährleistet ist. Zur Prüfung der Leistungsfähigkeit ist die Antragsgegnerin allerdings schwerlich, wie sie mit ihrer Beschwerde vorgetragen hat, gemäß § 54 a PBefG ohne weiteres berechtigt, Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere der Antragstellerin zu nehmen und von ihr Auskunft zu verlangen. Das Verwaltungsgericht hat richtig erkannt, dass die Antragstellerin ihre finanzielle Leistungsfähigkeit in der Regel nur durch Vorlage einer Eigenkapitalbescheinigung eines Wirtschaftsprüfers, vereidigten Buchprüfers, Steuerberaters etc. nachzuweisen braucht (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (PBZugV) vom 15. Juni 2000 (BGBl S. 851). Danach wird die finanzielle Leistungsfähigkeit u.a. durch eine derartige Eigenkapitalbescheinigung nachgewiesen. Nur im Zweifelsfall kann die Behörde nach § 2 Abs. 4 PBZugV verlangen, dass der Antragsteller ihr diejenigen Unterlagen vorlegt, auf Grund derer die Eigenkapitalbescheinigung oder die Vermögensübersicht im Sinne des Absatzes 2 Nr. 2 PBZugV etc. erstellt wurden. Die darin liegende Einschränkung der Prüfungsbefugnisse der Aufsichtsbehörde verstößt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin schwerlich gegen die Regelung der ihr in § 54 a PBefG eingeräumten Prüfungsbefugnisse. Insoweit betrifft der von ihr herangezogene Beschluss des OVG Münsters vom 3.2.1998, GewArch 1999, 113-116, eine andere Konstellation, in der die Beschränkung der Prüfungsbefugnisse der Aufsichtsbehörde durch die Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr nicht in Frage stand. § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 2 PBZugV dürfte in § 57 Abs. 1 Nr. 4 PBefG vielmehr eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage finden: Diese Regelung ermächtigt den Verordnungsgeber, Vorschriften u.a. über den Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit zu erlassen. Konkretisierend heißt es dort ferner: "darin können insbesondere Vorschriften enthalten sein über die Voraussetzungen, unter denen ein Betrieb als leistungsfähig anzusehen ist". Viel spricht dafür, dass damit der Verordnungsgeber aus Gründen der Verfahrensvereinfachung eine Fiktion einführen durfte, nach der die Genehmigungsbehörde bei Vorliegen einer Eigenkapitalbescheinigung, an deren Richtigkeit Zweifel nicht bestehen, die finanzielle Leistungsfähigkeit zu unterstellen hat.
2. Den hiermit zusammenhängenden Fragen braucht indes nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn im vorliegenden Falle dürften Zweifel an der Richtigkeit der Eigenkapitalbescheinigung bestehen, die die Antragsgegnerin berechtigen, zur Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Antragstellerin weitere Unterlagen anzufordern, bevor sie die beantragte Genehmigung erteilt.
Die Berufszugangsverordnung für den Straßenverkehr regelt nicht, aus welchen Anhaltspunkten sich Zweifel an der finanziellen Leistungsfähigkeit des Unternehmens ergeben können. Insoweit sind entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sehr unterschiedliche Konstellationen denkbar. Hohe Anforderungen sind an die Umstände nicht zu stellen, die Zweifel begründen können. Denn die Auslegung der Verordnungsermächtigung und der auf ihrer Grundlage ergangenen Berufszugangsverordnung hat auf die gesetzliche Wertung des § 54 a PBefG Rücksicht zu nehmen. § 54 a PBefG ermächtigt die Aufsichtsbehörde in weitem Umfang die zur Durchführung der Aufsicht und Vorbereitung ihrer Entscheidungen erforderlichen Ermittlungen anzustellen.
U. a. können sich Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Eigenkapitalbescheinigung dann ergeben, wenn die in ihr selbst gemachten Angaben in sich nicht plausibel sind und deshalb einen Prüfungsbedarf auslösen. Nur eine in sich plausible Eigenkapitalbescheinigung trägt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 PBZuV die Annahme, die finanzielle Leistungsfähigkeit sei gegeben. Derartige Zweifel an der Richtigkeit der Eigenkapitalbescheinigung dürften hier vorliegen.
Die Antragstellerin, eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, soll nach der von ihr vorgelegten Eigenkapitalbescheinigung vom 19.4.2005 am 31.12.2004 bei einem Kapital von .................. Euro über einen Gewinnvortrag in Höhe von ............... Euro verfügt haben, aber der Jahresüberschuss bzw. der Jahresfehlbetrag 2004 sich auf 0 Euro belaufen haben. Es leuchtet nicht ein, wie es der Antragstellerin möglich gewesen sein soll, punktgenau in 2004 weder einen Jahresüberschuss noch einen Jahresfehlbetrag zu erwirtschaften, obgleich sie noch in früheren Jahren immerhin ein Gewinnvortrag von weit über 1 Million Euro erwirtschaftet haben will. Insoweit wird die vorgelegte Bescheinigung auch nicht deshalb plausibel, weil - wie die Antragstellerin ausführt - der Gewinnvortrag gerade für ihre finanzielle Leistungsfähigkeit spricht. Dies erscheint zwar in sich plausibel, erklärt aber nicht, weshalb die Antragstellerin im letzten Jahr weder einen Jahresüberschuss noch einen Jahresfehlbetrag erwirtschaftet haben will. Auch leuchtet nicht recht ein, weshalb der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, der die Eigenkapitalbescheinigung ausgestellt hat, den Gewinnvortrag, der aus den Jahren vor 2004 zu stammen scheint, nicht zumindest teilweise in die Gewinnrücklagen eingestellt hat. Es erscheint unklar, aus welchem Grunde er diese Rücklagen in der bei dem Verwaltungsgericht eingereichten Eigenkapitalbescheinigung vom 31.5.2005 mit je Null Euro bewertet hat, während er die entsprechenden Rubriken in dem Muster für die Eigenkapitalbescheinigung vom 19.4.2004, das die Antragstellerin am 1.6.2005 im Genehmigungsverfahren bei der Antragsgegnerin eingereicht hat, nicht ausgefüllt hatte. Dies alles erweckt im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung Zweifel, ob die vorgelegten Eigenkapitalbescheinigungen mit der gebotenen Sorgfalt erstellt und deshalb ausreichend verlässlich sind.
Bei dieser Sachlage vermag die Antragstellerin auch mit ihrer Befürchtung nicht durchzudringen, Konkurrenten könnten Zugang zu ihren Unternehmensdaten erhalten, wenn sie der Antragsgegnerin Einblick in ihre Geschäftsdaten gewähre. Denn ihr geschäftsführender Gesellschafter sei bei einem Besuch der Feuerwehr bereits auf frühere Wirtschaftsdaten seines Unternehmens hingewiesen worden. Diese Befürchtung macht zwar verständlich, weshalb die Antragstellerin in ihrem Formularantrag auf Erneuerung ihrer Genehmigung zur Ausübung des Verkehrs mit Mietwagen die geforderten Angaben über ihr Vermögen nicht gemacht hat. Das Vorbringen der Antragstellerin ist aber nicht geeignet, die Angaben in den von ihr vorgelegten Eigenkapitalbescheinigungen plausibel zu machen.
Als Unterlegene hat die Antragstellerin gemäß den §§ 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1; 53 Abs. 3 Nr. 1, 63 Abs. 3 GKG. Das Gericht orientiert sich an Nr. 47.5 des für die Verwaltungsgerichtsbarkeit entwickelten Streitwertkataloges 2004, der für Streitigkeiten über Mietwagengenehmigungen 10.000 Euro festsetzt. Dieser Betrag war, da die Antragstellerin nur vorläufigen Rechtsschutz begehrt hat, zu halbieren. Der volle Streitwert war nicht deshalb anzusetzen, weil die Antragstellerin mit ihrem Antrag eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt habe. Dem war nicht so. Es war wegen des in der Regel einzuhaltenden Verbotes, die Hauptsache mit der einstweiligen Anordnung vorwegzunehmen, auch im Falle eines Erfolges der Antragstellerin nicht geboten, die Antragsgegnerin zu verpflichten die beantragte Genehmigung zur Personenbeförderung zu erteilen und damit zu einer Genehmigung mit einer Dauer von 4 Jahren. Es hätte jedenfalls ausgereicht, die Antragsgegnerin zu Erteilung einer etwa für ein oder eineinhalbes Jahr befristeten Genehmigung zu verpflichten.
Ende der Entscheidung
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